Graf Lindorf, Cello & Gesang

Auch bei Graf Lindorf fällt es äußerst schwer, ein Geburtsjahr zu recherchieren. Man gab an, daß bei Bränden und historischen Unruhen Dokumente verloren gingen. Bei einem dieser Brände des Theaters von M. fiel zudem eines der Stradivari-Celli des Grafen dem Raub der Flammen zum Opfer.

Von Graf Lindorf sagt man, daß er süchtig sei, Reisen zu unternehmen. Er habe gerade im 19.Jahrhundert weite Teile Europas erkundet und sich für verschiedene Auslandsauftritte der Gruppe eingesetzt. Ob dies der einzige Grund ist, darf indes bezweifelt werden. So werden ihm einige Affären nachgesagt, darunter mit der jungen Fanny Hensel. Der Graf behauptet jedoch, sie auf ihrer Italienreise 1839, auf der er mit ihr zusammentraf, lediglich bestärkt zu haben, sich mutiger der Musik zu widmen. Zu früherer Zeit begab sich der Graf zusammen mit dem ehrenwerten Freund Comte Caspar schon einmal auf eine Italienreise, bei welcher in Florenz Kontakt mit dem Physiker Spalanzani aufgenommen werden konnte. Reisen führten ihn sogar bis in das feudale Japan, wo er Herrn Nobusama davon zu überzeugen vermochte, der Gruppe beizutreten, anstatt sich zu jener Zeit ausgerechnet als herrenloser Samurai einen Namen zu machen.

Während Herrn Coppellas Neigung, sich neuesten Chemikalien experimentell zuzuwenden, zu einigen Zwangspausen Coppelius’ führte, scheint hingegen des Grafen Reiselust einige Konzerte in London, Halberstadt, Leipzig, Dresden u.a. begünstigt zu haben. Man darf annehmen, daß ihm seine delikaten Bekanntschaften hierzu nützlich gewesen sind.

Im 19. Jahrhundert bestritt der Graf eine militärische Karriere, die ihn bis zum Offiziersrange führte. Er wurde indes durch einen persönlichen Zwist mittels intrigenhafter Ränke aus dem Militär ausgeschlossen. Obschon gelang es zuvor das legendäre Konzert auf dem Feldherrenhügel von Waterloo im Jahre 1815 in die Wege zu leiten.

Seine Besitztümer schwanden durch die leidenschaftliche Bekanntschaft mit einer Schönheit namens Olimpia. Auf sie angesprochen sagte er mit bitterem Lächeln:

“Ich hatte ein Paradies in meiner Seele, ich hätte es um sie gepflanzt.”

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